Interview mit Frau Sagel

Frau Sagel hat Gesundheitsökonomie studiert. Sie war in verschiedenen Verbänden tätig, die unterschiedliche Bereiche des Gesundheitswesens (Krebs-Selbsthilfe, Arzneimittel, Rehabilitation) vertreten. Derzeit arbeitet sie am BfArM in einem vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Forschungsprojekt zum Thema Medizinproduktesicherheit. Sie hat an der Hochschule Hamm-Lippstadt eine Arbeit mit dem Thema: "Online-Plattform gruppenplatz.de - Instrument zur Förderung der Gruppentherapie in der ambulanten Versorgung psychisch Erkrankter?" verfasst.

Gruppenplatz im Interview mit Frau Sagel

Wie sind Sie dazu gekommen sich mit Gruppenpsychotherapie zu beschäftigen?
Frau Sagel: Anfang 2018 hatte ich im Zusammenhang mit meiner damaligen Tätigkeit in einem Fachverband die Gelegenheit, für mehrere Tage in einer Suchtfachklinik zu hospitieren und dabei auch als Beobachterin an Gruppenpsychotherapien teilzunehmen. Der konstruktive und unterstützende Umgang der Teilnehmenden untereinander hat mich sehr beeindruckt.
Auf der Suche nach einem Thema für meine Abschlussarbeit im Rahmen des Zertifikatskurses E-Health an der Hochschule Hamm-Lippstadt habe ich dann gruppenplatz.de entdeckt. Die Idee einer Online-Plattform, mit der psychisch Erkrankte und Therapeut*innen unkompliziert miteinander in Kontakt treten können, fand ich sehr interessant. Gerade vor dem Hintergrund meiner beruflichen Erfahrungen aus dem Reha-Bereich reizte es mich, der Frage nachzugehen, inwieweit gruppenplatz.de tatsächlich das Potenzial besitzt, dazu beizutragen, dass die Gruppentherapie auch im ambulanten Sektor eine stärkere Verbreitung findet.
Welchen Mehrwert sehen Sie in der Arbeit mit Gruppen?
Frau Sagel: Für eine therapeutische Einschätzung fehlt mir die Expertise. Aber ich denke, dass es für Patient*innen sehr hilfreich ist, zu erkennen, dass andere Menschen ähnliche Probleme haben wie sie. Im geschützten Bereich der Gruppe ist es möglich, Vertrauen zu anderen Personen aufzubauen, sich austauschen und gemeinsam Problemlösungen und Bewältigungsstrategien zu erarbeiten. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die Akzeptanz durch die Gruppe zudem positiv auf das eigene Selbstwertgefühl auswirkt.
Als Gesundheitsökonomin sehe ich insbesondere auch das positive Kosten-Nutzen-Verhältnis der Gruppentherapie. Gruppentherapien sind sehr viel kostengünstiger als Einzeltherapien und zeigen dabei in der Behandlung zahlreicher psychischer Erkrankungen eine in vielen Studien nachgewiesene, zumindest ähnlich hohe Wirksamkeit. Damit kann die Gruppentherapie einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, trotz der voraussichtlich noch weiter zunehmenden Mittelknappheit im Gesundheitswesen, die Versorgung psychisch Erkrankter sicherzustellen. Aus diesem Grund wurden von Seiten der Gesetzgebung bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Durchführung von Gruppentherapien in die Wege geleitet. Vor dem Hintergrund der hohen Krankheitslast psychischer Erkrankungen auf individueller, wie auch auf gesellschaftlicher Ebene, scheint es mir jedoch erforderlich, die Förderung der Gruppentherapie noch weiter zu intensivieren.
Wo sehen Sie die größten Chancen/Mehrwert von E-Health?
Frau Sagel: Ich sehe E-Health als Hilfsmittel zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Leider werden digitale und analoge Verfahren oder Anwendungen häufig in Konkurrenz zueinander gesetzt. E-Health-Anwendungen sollen jedoch keine Face-to-Face-Kontakte und -Interventionen ersetzen, sondern die Arbeit der Gesundheitsdienstleister erleichtern beziehungsweise sinnvoll ergänzen. Die Plattform gruppenplatz.de ist ein gutes Beispiel hierfür. Sie ist ein Hilfsmittel, um Gruppenpsychotherapeut*innen bei ihrer organisatorischen Arbeit zu unterstützen, so dass diese letztlich mehr Zeit für ihre therapeutischen Kernaufgaben haben.
Welche Empfehlungen (Events, Literatur) haben Sie für Psychotherapeut*innen mit einem Gruppenangebot? (auch Websites/Foren/Plattformen/Newsletter)
Frau Sagel: Ich bin sicherlich nicht die Richtige, Gruppenpsychotherapeut*innen Tipps hinsichtlich fachlicher Informationen zu geben. Ich möchte jedoch dazu ermutigen, Probleme nicht einfach hinzunehmen, sondern zu thematisieren und anzugehen. Dies ist im stressigen Arbeitsalltag zwar eine Herausforderung, aber mit Hilfe der Digitalisierung könnten viele regelmäßig auftretende Schwierigkeiten mit relativ geringem Aufwand zumindest gemildert werden. So ist beispielsweise auch die Anpassung der Funktionen von guppenplatz.de an die Bedürfnisse der Nutzer*innen nur über entsprechende Rückmeldungen möglich.
Meine Recherche und Anregungen zur Gruppenpsychotherapie und der Plattform gruppenplatz.de finden Sie ausführlich in meiner Arbeit zum Zertifikatskurs E-Health an der Hochschule Hamm-Lippstadt.