Interview mit Frau Dr. Reusch vom ZePG e.V.

Dr. Andrea Reusch arbeitet in der Geschäftsstelle und im Wissenschaftsreferat des Zentrums Patientenschulung und Gesundheitsförderung e. V.
Gruppenplatz im Interview mit Frau Dr. Reusch

Welches Ziel verfolgt das Zentrum Patientenschulung und Gesundheitsförderung - ZePG e. V.?

Frau Dr. Reusch: Das Zentrum Patientenschulung und Gesundheitsförderung ist seit über 10 Jahren ein bundesweit aktives Netzwerk. Hervorgegangen ist das ZePG aus rehabilitationswissenschaftlichen Verbünden und Projekten. Die Mitglieder stammen aus Sozialleistungsträgern, Kliniken, Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Sie stellen eine Mischung aus unterschiedlichen Berufsgruppen dar und nutzen Gruppenprogramme in verschiedenen Settings für die Gesundheitsförderung.
ZePG hat das Ziel, gesundheitsbezogene Gruppenprogramme durch Forschung und Vernetzung zu optimieren und zu verbreiten.
Dazu führen wir selbst Forschungsprojekte durch oder sind Kooperationspartner in Projekten, bieten Tagungen und Fortbildungen an und haben eine umfangreiche Homepage aufgebaut.
Welchen Mehrwert sehen Sie in der Arbeit mit Gruppen?
Frau Dr. Reusch: Gruppenprogramme zur Patientenschulung und Gesundheitsförderung richten sich an Menschen, die etwas für ihre Gesundheit tun bzw. ihre Erkrankung bestmöglich bewältigen möchten. Dazu suchen sie professionelle Hilfe, aber auch den Austausch mit anderen Menschen, die betroffen sind. Gegenüber einer Einzelbehandlung hat das Gruppenangebot viele Vorteile: Zunächst ist es natürlich ökonomischer, mehrere Personen gleichzeitig zu behandeln. Der Austausch mit anderen Betroffenen hat aber auch einen didaktischen und therapeutischen Mehrwert: Das gemeinsame Nachdenken über Möglichkeiten der Bewältigung führt zu einer größeren Vielfalt an Lösungen. Durch das Brainstorming in der Gruppe, werden einzelne Teilnehmende angeregt, "über den eigenen Tellerrand zu schauen". Durch das Modelllernen werden die Teilnehmenden zu Verhaltensänderungen motiviert, weil sie sich mit anderen Betroffenen besser identifizieren können, als mit einer Therapeutin bzw. einem Therapeuten, die die Probleme nur aus der Theorie kennen. Aus einer Gruppe kann auch gegenseitige soziale Unterstützung zwischen den Gruppenstunden oder nach Beendigung des Programms erwachsen.
Im Vergleich zu reinen Selbsthilfegruppen ist die therapeutisch geleitete Gruppe jedoch besser standardisiert, fachliche Informationen evidenzbasiert. Eine gute Moderation berücksichtigt zudem die Bedürfnisse aller Teilnehmenden und achtet auf ein unterstützendes Gruppenklima.
Wie kann das ZePG e. V. Psychotherapeut*innen mit einem Gruppenangebot unterstützen?
Frau Dr. Reusch: Neben zahlreichen weiteren Informationen enthält unsere Homepage auch ein Verzeichnis mit über 150 Gruppenprogrammen, in dem die Angebote systematisch dargestellt und für Recherchen aufbereitet sind.
Hier können Gruppentherapeut*innen publizierte und evidenzbasierte Programme recherchieren und müssen ein Programm nicht selbst komplett neu aufbauen.

Wie können Psychotherapeut*innen Sie und das ZePG e. V. unterstützen?

Frau Dr. Reusch: Das Verzeichnis für Gruppenprogramme wächst mit seinen Nutzerinnen und Nutzern. Wir recherchieren regelmäßig neue Programme auf dem Markt, sind aber auch darauf angewiesen, dass wir von unserer großen Interessentengruppe immer wieder Hinweise auf Programme erhalten.
Bislang haben wir für dieses Verzeichnis insbesondere Patientenschulungen für verschiedene körperlichen Erkrankungen, aber auch indikationsübergreifende Gruppenangebote recherchiert.
Nun möchten wir verstärkt auch psychoedukative Gruppenprogramme aufnehmen und darstellen. Daher suchen wir Hinweise auf verfügbare (frei veröffentlichte oder zum Erwerb erhältliche) Manuale, Handbücher und Publikationen, die ein standardisiertes Gruppenangebot ermöglichen und die bestenfalls auch evaluiert sind. Deshalb bitten wir um Mithilfe:
Haben Sie Hinweise auf standardisierte Gruppenangeboten für die Behandlung von Depressionen, Angststörungen, Stress und Burnout oder weitere psychische Störungen?
Es genügt, wenn Sie uns einen Link oder Stichworte zu einer Publikation zusenden an:
kontakt@zepg.de
Wir freuen uns über Hinweise und hoffen, dass auch Sie später von der Integration dieser Programme in unser Verzeichnis profitieren können.
Welche drei Empfehlungen haben Sie für Gruppenpsychotherapeut*innen?
Frau Dr. Reusch:
1. Informieren und Fortbilden
Auf unserer Homepage können vielfältige Informationen zu Fortbildungen und Tagungen zu aktuellen Themen sowie Ergebnissen aus Forschungsprojekten abgerufen werden.
Die Fortbildungen richten sich an alle Gruppenleitungen und umfassen
  • übergreifende Themen (Lebensstiländerung, Motivierung, Unterstützung des Selbstmanagements, Konzeption und Didaktik von Gruppenprogrammen u. a.),
  • berufsgruppenspezifische Fortbildungen (für Psycholog*innen, Ärzt*innen, Bewegungs-, Ernährungs- und Ergotherapeut*innen, Sozialpädagog*innen) und
  • Train-the-Trainer-Fortbildungen für spezifische Gruppenprogramme (z. B. Rückenschule).
Wer mag, kann unseren Newsletter abonnieren. Hierzu genügt eine formlose Anfrage per Mail an kontakt@zepg.de.
2. Vernetzen
Es lohnt sich, sich mit anderen Gruppenpsychotherapeut*innen zu vernetzen (z. B. über Gruppenplatz. Hier kann auch die fachspezifische Supervision hilfreich sein.
Wir empfehlen auch die Vernetzung mit anderen Akteur*innen in der Versorgung der Patient*innen (stationär und ambulant, akut und rehabilitativ) und mit anderen Berufsgruppen im Versorgungsumfeld der Betroffenen, denn die mangelnde Vernetzung wird als eine der häufigsten Barrieren in der Versorgung gesehen.
3. Evaluieren
Eine hohe Qualität der Versorgung kann nur gewährleistet werden, wenn die (eigenen) Angebote regelmäßig evaluiert werden. Das muss nicht immer in einem randomisiert-kontrollierten Design in einem aufwändigen Forschungsprojekt erfolgen. Auch die qualitative Befragung von Teilnehmenden gibt – im Sinne eines Qualitätsmanagements – immer wieder Hinweise auf Verbesserungspotential. Auch hier kann das ZePG unterstützen.