Wie beeinflusst ein Trauma ein Leben?

Wenn die Seele durch etwas überfordert wird, können noch viele Jahre später so genannte posttraumatische Belastungsstörungen auftreten. Nicht alle Menschen können negative Ereignisse gleich gut verarbeiten. Die Fähigkeit dazu ist neueren Erkenntnissen zufolge auch genetisch bedingt.

Wie beeinflussen uns traumatische Erfahrungen und wie behandelt eigentlich ein Psychotherapeut traumatisierte Patienten?

Wer Traumatisches erlebt hat, leidet später nicht selten unter Depressionen, Ängsten und Flashbacks. Psychologen der Universität Münster schätzen, dass mindestens die Hälfte der Bevölkerung einmal oder häufiger im Laufe ihres Lebens ein traumatisierendes Erlebnis gehabt hat. Während der eine die Geschehnisse aber verarbeitet und danach sein Leben mehr oder weniger so weiterführen kann wie bisher, leidet der andere auch viele Jahre nach dem Ereignis noch daran oder wird von ständigen Erinnerungen (Flashbacks) heimgesucht. Auch können kleinere Anlässe für den Einzelnen tiefgreifende Folgen nach sich ziehen, während die gleichen Ereignisse andere weniger zu belasten scheinen.
"Andere haben doch auch Schlimmes erlebt, wieso stelle gerade ich mich so an?" – Viele Menschen die an Traumafolgen leiden, machen sich oft große Selbstvorwürfe. Gleichzeitig befürchten sie nicht ernst genommen zu werden, wenn sie darüber mit jemandem sprechen würden. Was viele dabei vergessen: Die Fähigkeit seelische Verletzungen zu verarbeiten, wird zu großen Teilen vererbt. Psychologen sprechen hier von der so genannten Resilienz (von lateinisch resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘). Mit ihr wird ausgedrückt, wie gut ein Mensch dazu in der Lage ist, psychische Krisen zu bewältigen. Wem das nicht so gut gelingt, sollte sich also keine Vorwürfe machen. Mit den Methoden der modernen Psychotherapie stehen heutzutage außerdem Möglichkeiten bereit, mit denen sich die individuelle psychische Widerstandsfähigkeit trainieren lässt.

Traumata: Wodurch sie entstehen

Als Kinder sind wir abhängig von unseren Eltern und von den Lebensumständen, in die wir hineingeboren werden. In diesem Zustand sind wir besonders gefährdet für traumatische Erfahrungen. Nicht umsonst hat sich in der Fachsprache darum der gesonderte Begriff des Kindheitstraumas etabliert.
Wer als Kind Gewalt erlebt hat oder sexuell missbraucht wurde, leidet verständlicherweise oft ein Leben lang unter diesen Erfahrungen. Doch auch scheinbar harmlose Anlässe können bei Kindern zu Überforderung führen. Leider bagatellisieren Eltern, Lehrer und andere vertraute Personen eines Kindes viele solcher Ereignisse auch heute noch. Dazu gehören zum Beispiel:
  • Mobbing
  • Emotionaler Missbrauch
  • Vernachlässigung
  • Trennung der Eltern
  • Körperliche Züchtigung
Ein Trauma können wir aber auch später als Erwachsene noch erleiden. Es kann immer dann entstehen, wenn wir in eine als lebensbedrohlich empfundene Situation geraten und uns dieser gegenüber hilflos ausgeliefert fühlen. Zu solchen Situationen können zum Beispiel Verkehrsunfälle, Gewalttaten, Vergewaltigungen, Naturkatastrophen oder Krieg gehören.
Als erste und vollkommen natürliche Reaktionen auf Ereignisse wie die oben beschriebenen treten typischerweise Entsetzen, Furcht oder das Gefühl von Hilflosigkeit auf. Erst im weiteren Verlauf kommt es bei manchen Betroffenen zur Herausbildung von weiteren Symptomen. Nicht immer ist die Verbindung zu dem traumatischen Ereignis dabei direkt offensichtlich – vielmehr ist es so, dass Betroffene erst einige Zeit nach einem traumatischen Erlebnis Symptome einer Belastung entwickeln, da die normalen Bewältigungsmechanismen nicht mehr ausreichen.
Der Einfluss von traumatischen Erfahrungen auf den Alltag
Reichen die eigenen Bewältigungsmechanismen nicht aus, kann aus einem traumatischen Erlebnis eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entstehen. Wie der Name bereits ausdrückt, handelt es sich um eine Folgereaktion auf ein traumatisches Ereignis, das bereits einige Zeit zurückliegt. Eine solche Störung ist eine schwere seelische Erkrankung, die unbehandelt zu einer weiteren Verschlimmerung der Symptome führt. Für die Betroffenen bedeutet sie oft eine erhebliche Beeinträchtigung im Alltag.

Traumatherapie: Was macht der Psychotherapeut?

Um das Vorhandensein eines Traumas zu klären, wurden in der Psychotherapie verschiedene Methoden, unter anderem Interviewtechniken, standardisierte Tests, und Fragebögen, entwickelt. Wird ein Trauma oder eine PTBS diagnostiziert, sollte die weitere Behandlung unbedingt durch einen auf die Behandlung traumatisierter Menschen Psychotherapeuten erfolgen. Kommt es zur Anwendung eines unpassenden Therapieverfahrens, besteht die Gefahr, dass sich die Erkrankung weiter verfestigt.
Um die Traumabehandlung beginnen zu können, muss sich der Patient als erstes sicher und geschützt im therapeutischen Setting fühlen. In der ersten Therapiephase baut der Therapeut darum eine vertrauensvolle Beziehung zum Klienten auf. Weil Betroffene sich häufig durch plötzlich auftauchende Emotionen überfordert fühlen, geht es erst nach dieser Phase um das vorsichtige Ansprechen und Verarbeiten konkreter traumatischer Inhalte.
Der grobe Ablauf der Therapie wird in der Regel im Vorfeld gemeinsam mit dem Patienten geplant und auf seine individuellen Bedürfnisse zugeschnitten. So können beispielsweise Strategien zur Bewältigung des Alltags erarbeitet oder Entspannungstechniken für eine bessere Stressresistenz erlernt werden.
Nach Abschluss der Therapie gelingt es manchen Patienten, in der Bewältigung des Traumas einen Reifeprozess zu sehen und an dessen Überwindung zu wachsen. Nicht alle Patienten erleben eine vollständige Auflösung der Symptome. Ein Großteil ist nach einer erfolgreichen Therapie aber wieder in der Lage, ein normales und einigermaßen angstfreies Leben führen zu können.